FREIGEISTFABRIK

Viele Jahre tauchte der auf den Namen Sascha Hirtenfellner getaufte Berliner an der Seite von Alfred Heinrichs als Techno-Duo Heinrichs & Hirtenfellner auf, später dann unter seinem heutigen Namen Sascha Braemer im housigen Verbund mit Niconé. Gemeinsam veröffentlichten die zwei 2011 ihr Album „Romantic Thrills“, immer wieder aber erschienen auch funktionale Clubtracks von Braemer. Diesen Sommer war es für ihn dann an der Zeit, sich als Solokünstler mit einem Album zu behaupten. „No Home“ ist kein überdrehtes Clubalbum, sondern ein kluges Abbild dessen, was Braemer wichtig ist. Und das sind musikalische Vielfalt und emotionale Tiefe, ohne allzu verkopft zu sein. Seit zwei Jahren betreibt der 40-Jährige neben seinen zahlreichen Gigs und der umfangreichen Studioarbeit mit whatiplay außerdem ein eigenes Label und ist obendrein vor eineinhalb Jahren Vater einer Tochter geworden. Gesprächsstoff gab es also reichlich während unseres Telefonats, bei dem Sascha nur haarscharf der Kollision mit einem Mähdrescher und dann auch noch einem Traktor entging. Gefahren, die das Leben auf dem Dorf, das Sascha der Familie zuliebe derzeit teilweise führt, eben so mit sich bringen.

Frage: Vor einigen Monaten ist dein erstes Soloalbum „No Home“ erschienen. Was hat dich dazu veranlasst, dir genau diesen Zeitpunkt dafür auszusuchen? Ist es ein Gefühl, das man als Künstler in sich trägt, sind es marktwirtschaftliche Aspekte oder spielt dafür der Zufall eine wichtige Rolle?

Sascha: Es ist wohl von allem ein wenig. Dadurch, dass ich schon zwei Alben als Heinrichs & Hirtenfellner sowie Niconé & Braemer veröffentlicht habe, gab es bei mir schon immer die Überlegung, auch mal ein Soloalbum zu machen – ich bin nur die dazu gekommen. Ich habe früher noch diverse Leute produziert, an der Stelle habe ich mich selbst immer ein bisschen vergessen. Die letzten drei Jahre über habe ich sehr viel Musik gesammelt. Die Tracks habe ich alle fertiggestellt und gedacht, dass jetzt vielleicht der Zeitpunkt für ein Soloalbum gekommen sei. Ich wollte mit den angefangenen Stücken einfach irgendwann auch mal abschließen. Erst da kam mir die Idee eines Albums.

Frage: Allein im Studio oder zu zweit an etwas schrauben – du kennst beide Seiten gut. Was liegt dir mehr?

Sascha: Wenn ich für andere Leute arbeite, klappt das sehr gut, weil ich mich dann auf deren Wünsche und Vorstellungen einlassen kann. Ich arbeite aber nichtsdestotrotz auch gern allein. Ich sitze dann bei mir zuhause, gucke aufs Wasser [genauer: den Müggelsee am Rande Berlins – Anm. d. A.] und lasse mich inspirieren. Und wenn eine Zusammenarbeit entsteht, muss die nicht unbedingt persönlich stattfinden. Ich habe auch kein Problem damit, über Skype zu arbeiten. Dann schickt man sich ein Projekt hin und her, und ich finalisiere die Tracks am Ende.

Frage: Was hat das Album als Format für dich persönlich für einen Stellenwert? Funktioniert das gerade auf dem Sektor der elektronischen Musik so überhaupt noch? Königsklasse oder nötiges Beiwerk?

Sascha: Das ist eine Frage, die ich nur schwer beantworten kann. Ich habe mir darüber nie große Gedanken gemacht. Aber es ist dann schon ein Highlight, wenn du dein eigenes in Händen hälst. Du hast ein Werk geschaffen, um den Leuten da draußen zu zeigen, dass du keine Eintagsfliege bist. Ein Album sollte man – wenn man kann – gemacht haben. Ich habe Blut geleckt, „No Home“ wird nicht das letzte sein. Heutzutage scheint es so, als hätten die Leute vergessen, dass ein Album nicht nur aus Dancetracks bestehen muss. Ein Album bedeutet für mich, auch Musik zu bringen, die nicht unbedingt im Club funktionieren. Etwas, in das du deine ganzen Gefühle steckst. Das ist ein bisschen verloren gegangen, glaube ich. Dafür bringe ich aber jetzt schon wieder eine Menge EPs mit Sachen für den Club auf den Markt, die ich auch selbst spiele.

Frage: Ist dein Home Studio am Müggelsee deine bevorzugte Base, wenn es ums Arbeiten geht, oder entstehen Tracks bzw. Skizzen auch gern mal auf Reisen, in Flugzeugen, in Hotels?

Sascha: Vieles passiert bei mir tatsächlich im Flieger oder im Auto wenn ich gefahren werde. Dann sprudelt es einfach so aus mir heraus. Ich bin gar nicht so der krasse Musikfreak oder jemand, der sich Ewigkeiten mit verschiedenster Musik beschäftigt … bei mir kommt das einfach so. Ich habe keine Ahnung wieso. Ich muss mich nur an den Rechner setzen und es raus lassen. Das geht gut unterwegs, finalisiert wird das dann zuhause. Meiner Mutter ist früh ein gewisses Talent aufgefallen, als ich im Alter von vier oder fünf mit Kochlöffeln auf Töpfen herum getrommelt habe. Das hörte sich wohl gar nicht mal so verkehrt an. Irgendwann habe ich von ihr eine Gitarre bekommen, selbst das klang nicht so extrem falsch, obwohl ich bis heute keine Noten lesen kann. Irgendwann habe ich während meines damaligen Jobs als Einzelhandelskaufmann bemerkt, dass es mir nicht allzu viel Spaß macht, in dieser Form arbeiten zu gehen. Ich war gar nicht mal schlecht in meinem Beruf, aber das konnte nicht meine Zukunft sein. Dann habe ich mich einfach der Musik gewidmet. Ich habe damals jemanden kennengelernt, der ein Studio hatte. Der hat mich mal mitgenommen obwohl ich hatte natürlich von Tuten und Blasen erst mal überhaupt keine Ahnung hatte. Ich habe mir Reason besorgt und losgelegt … und ein paar Monate später waren die ersten Tracks bereits fertig geschraubt. Woher es kommt, weiß ich bis heute nicht... es funktioniert einfach.

Frage: Hat dann also deine Mutter dieses Talent gefördert – immerhin war die erste Gitarre von ihr? Oder stand ihr die Panik ins Gesicht geschrieben, als du ihr eröffnet hast, den sicheren Job bei Opel für die Musikerkarriere an den Nagel zu hängen?

Sascha: Meine Mutter war anfangs nicht begeistert, würde ich sagen. Das klappte ja auch nicht alles von heute auf morgen. Es hat schon eine Weile gedauert, bis ich von der Musik leben konnte, und da gab es so einige Diskussionen in den Jahren. Aber ich habe mich davon nicht abbringen lassen. Oma Braemer war die Einzige, die immer daran geglaubt hat. Deswegen habe ich irgendwann auch ihren Namen angenommen. Offiziell ging das nicht, aber ich habe ihr immer versprochen, dass ich ihren Namen irgendwie weitertrage als Künstlernamen. Und heute steht er sogar im Ausweis.

Frage: Ich vermute also richtig, dass du nicht unbedingt aus einer total musischen Familie stammst, sondern da eher etwas aus der Art schlägst?

Sascha: Ich glaube, dass es genau von der Oma/Opa-Seite kommt. Mein Opa war Opernsänger, die Oma konnte Mundharmonika spielen. Auch sie wusste nicht warum, denn sie konnte keine Noten lesen. Wahrscheinlich ist da irgendwas übergeschwappt.

Frage: Hat sich durch den Umstand, für „No Home“ allein verantwortlich gewesen sein, sehr viel für dich verändert? Keine Kompromisse mehr, keiner, der dir reinquatscht … Oder war es auch in der Zusammenarbeit mit den anderen immer ein recht offenes kreatives Konzept?

Sascha: Sowohl als auch. Natürlich hatte jeder, den ich früher produziert habe, seine eigenen Vorstellungen, denen ich entsprechen musste bzw. konnte. Für mich persönlich war es ein riesen Vorteil, als ich mich mit mir selbst beschäftigen und ohne Vorgabe arbeiten konnte. Ich denke, das hat mir ganz gut getan. „Caje“ ist zum Beispiel mit Niconé zusammen entstanden. Er hatte es mit Remixen schon mal veröffentlicht. Ich habe mich aber dann ganz frei noch mal dran gesetzt und was völlig anderes daraus machen können. Aber ich gehe an meinen Produktionen ohnehin nicht mit einem Erfolgsplan heran. Wenn es passiert, passiert es einfach.

 

Frage: Was ist für einen elektronischen Musikkünstler Erfolg eigentlich so genau? Was bedeutet das für dich konkret? An reinen Verkaufszahlen oder Chartplatzierungen kann man das ja wohl nicht aufhängen…

Sascha: Erstmals wirklich so etwas wie Erfolg gespürt habe ich, als mich Leute anschrieben, weil ich sie offenbar mit meiner Musik glücklich gemacht hatte. Das hört sich jetzt ein bisschen abgetragen an, aber es ist wirklich so. Wenn du als normaler Mensch Mails bekommst und dir Leute schreiben, dass sie mit deiner Musik aufstehen oder einschlafen – das sind Sachen, die machen für mich den Erfolg aus. Ob ich jetzt groß bei Beatport verkaufe … es ist ein schöner Nebeneffekt, wenn DJs deine Musik spielen, denn auch dadurch wirst du erfolgreicher. Wenn du dann davon leben und durch die ganze Welt reisen kannst, dann würde ich sagen, kann man davon sprechen erfolgreich mit dem zu sein, was ich da produziere. Oder auch als DJ. Das mache ich nun auch schon eine ganze Weile, und es kommen ja immer wieder neue Leute dazu. Wenn du es schaffst, die immer wieder zu begeistern – das alles gehört für mich dazu, erfolgreich zu sein.

Frage: War im Vorfeld der Veröffentlichung von „No Home“ die Aufregung oder besser die Spannung eine andere als bei den Alben mit Heinrichs & Hirtenfellner oder gemeinsam mit Niconé? Eben weil es das erste Soloalbum ist?

Sascha: Für mich war es eigentlich nichts anderes. Ich hätte kein Album machen müssen, wenn es nach mir ginge. Es bot sich aber an, weil ich die Tracks schon gesammelt hatte. Ich habe das Album jetzt nicht gemacht, weil ich mir davon erhoffe, noch ein Treppchen höher zu klettern oder andere Leute zu erreichen. Ich habe es eher für mich gemacht, um mit diesen ganzen gesammelten Ideen ein Komplettpaket zu schnüren. Es erzählt dabei eine kleine Story, denn die letzten drei, vier Jahre waren für mich extrem spannend. Ich habe viel erlebt, war aber auch so gut wie nie zuhause. Es wurden immer und immer mehr Gigs. Der Titel „No Home“ war also schlüssig, weil ich in den Jahren nirgends so richtig zuhause war.

Frage: Was bedeutet Heimat denn überhaupt? Ist das zwingend ein Ort, oder doch eher ein Gefühl, das mit den Menschen um einen herum zu tun hat?

Sascha: Heimat ist für mich tatsächlich dort, wo ich mich gerade wohlfühle. Wo Leute sind, mit denen ich mich wohlfühlen kann. Familie gehört dazu, die ist bei mir noch sehr jung. Aber es kann für mich auch im Flieger nach New York sein: Ich packe meinen Rechner aus, mein Kollege sitzt neben mir. Wenn ich mich dort wohlfühle, kann auch das ein Stück Heimat sein. Es gibt immer wieder auch Orte oder Momente, in denen man sich einsam und nicht willkommen fühlt. Auch das kann immer und überall passieren. Ich denke, angekommen bin ich eh noch nicht. Noch habe ich nicht das Heim gefunden, in dem ich von nun an die nächsten Jahre täglich mit meiner Familie bin, deswegen kann Heimat derzeit noch überall sein. Ich habe auf meinen Gigs immer einen Freund dabei, das macht die Sache nochmal wesentlich einfacher.

Frage: Trotz deiner Nähe zum Club ist „No Home“ kein reines Clubalbum, das mit funktionalen Tracks auf den Dancefloor zielt. Du setzt lieber auf eine größere Bandbreite und verarbeitest dabei doch sicherlich auch deine eigenen musikalischen Wurzeln. Man glaubt zum Beispiel bei „Drifiting“ einen deutlichen 80er-Jahre-Synth-Pop-Einschlag zu hören?!

Sascha: Ich bin definitiv ein Kinder der 80er. Ich war auch vor geraumer Zeit erst noch auf einem Depeche Mode-Konzert. Es gibt Leute, die können sich an jedes einzelne Lied von früher erinnern. Das ist bei mir nicht so, aber der 80er-Einfluss ist ganz klar da. Ich bin allerdings nicht schon mütterlicherseits damit groß geworden, die hat ganz andere Sachen gehört. Trotzdem hatte ich das Glück, Musikkassetten zu bekommen – woher auch immer, ich weiß es nicht mal mehr – und die liefen dann auf meinen kleinen Minirekorder rauf und runter, ohne dabei konkret Bands oder Songs nennen zu können. Sozusagen Musik konsumieren ohne sich damit in aller Tiefe auseinander zu setzen.

Frage: Wir reden jetzt über die 80er-Jahre. Viele der Leute, die heute im Club vor der DJ-Kanzel stehen, waren damals noch nicht einmal geboren. Kommst du dir da mit deinen 40 schon mal alt vor?

Sascha: Ich finde, das Business hält jung. Berufsjugendlicher! Wenn man sich im Bekanntenkreis umschaut, die dieses Hobby nicht so gepflegt haben oder halt ein ganz anders Leben führen, die wirken mit Ihren 40 Jahren oft noch älter.

Frage: Du legst jetzt seit gut zehn Jahren auf, das heißt, du bist erst mit 30 an diesen Job gekommen – was auch verhältnismäßig spät ist. Hat sich da in den letzten Jahren in deinem Ausgeh- und Auflegeverhalten rund um so einen Gig noch mal was verändert?

Sascha: Ja, da war ich schon nicht mehr der Jüngste, könnte man sagen. Andere sind mit 18 bereits berühmt und machen ihre Shows. Ich war nie der extrem krasse Raver. Ich hab mich wirklich auf die Musik konzentriert und bis 30 nur produziert. Und ich habe noch mal fünf Jahre gebraucht, um mit der Musik erfolgreich zu werden. Ich bin schon immer erst kurz vor dem Gig in den Club gekommen. Klar bin ich auch schon mal länger geblieben danach und habe mal eine Afterhour mitgemacht, aber das war nie so mein Ding. Das ist natürlich auch eine Typfrage. Ich habe viele Leute in dem Business kommen und gehen sehen. Allein in den zehn Jahren. So wollte ich nie sein und auch nicht enden. Es waren coole Menschen, aber wenn du jede Afterhour und auch sonst alles mitnimmst … das habe ich nie verstanden. Ich habe etwas gefunden, das mir Spaß macht, das möchte ich nicht verlieren. Diese Leute haben das verloren. Das Wochenende fängt manchmal schon am Mittwoch an und endet irgendwo in Berlin am Montag. Ich schlafe dann wenig, trinke auch mal Alkohol – aber das funktioniert eben nur, wenn man ein bisschen anständig bleibt.

Frage: Gerade Berlin ist da natürlich voller Verlockungen. Wenn man möchte, kann man hier jeden Abend und manchmal auch am Tage irgendwo hingehen, feiern und versacken. Und nirgendwo sonst ist der Kontakt zu elektronischer Musik so unausweichlich wie hier. Glaubst du, dass die Stadt einen Einfluss auf deinen heutigen Sound hatte?

Sascha: Ich habe drei Jahre in Österreich gelebt. Auch dort habe ich schon Synthie-Pop gehört und mit einem Kumpel das eine oder andere aufgenommen. Ich glaube, auch dort wäre ich über kurz oder lang bei elektronischer Musik gelandet. Da habe ich meinen ersten C64 bekommen, war damals nur noch nicht so weit. Aber diesen Weg hätte ich auch woanders gehen können.

Frage: Du veröffentlichst inzwischen auf diversen Labels, darunter auch deinem eigenen whatiplay, das du seit 2013 betreibst. Schaffst du es, dich neben dem Reisen und dem Produzieren auch noch um das Tagesgeschäft dort zu kümmern, oder kannst du gewisse Aufgaben auch gut abgeben und delegieren?

Sascha: Auch da hatte ich wieder eine Eingebung und viel Glück. Ich war schon vorher mal an zwei Labels beteiligt, wollte aber immer ein eigenes haben – nur für mich. Ich habe einen meiner besten Freunde – der mich auch zu vielen meiner Gigs begleitet – irgendwann mal darauf angesprochen. Einen besseren Labelpartner hätte man sich nicht wünschen können. Der hat sich innerhalb von zwei, drei Monaten – obwohl er davon eigentlich überhaupt keine Ahnung hatte – reingefuchst und macht das wirklich großartig. Ich bin mit dem Label super glücklich, es läuft hervorragend und kommt auch bei vielen Künstlern gut an. Da gibt es organisatorisch so viel zu tun, Promos, Verträge etc, da kann ich mich gar nicht drum kümmern. Es gibt Millionen von Labels, die Musik rausbringen, und es können sich nur die durchsetzen, die es gut machen.

Frage: Du bist also als Labelboss in der glücklichen Lage, den unliebsamen Quatsch auslagern zu können, um dich voll auf die Musik zu konzentrieren. Gibt es dennoch Dinge an deinem Job, die du nicht so magst und die dir schwer fallen? Social Media-Pflege zum Beispiel?

Sascha: Facebook, SoundCloud, Instagram und so scheinen extrem wichtig zu sein für den einen oder anderen. Für mich weniger, ich beschäftige mich damit nicht viel. Um auf dem Laufenden zu bleiben, müsste man ständig irgendwelche Posts machen. Ich mach das eher so aus dem Bauch raus. Wenn ich was posten möchte, dann mache ich das. So halte ich es auch mit SoundCloud. Professioneller wird es da erst wieder beim Label, weil ich mich da nicht selbst drum kümmere. Ich mache aber sonst alles selbst, ich habe keine Berater oder jemanden, der meine Accounts pflegt. Was mir aber so gar keinen Spaß macht, ist das Abarbeiten von E-Mails. Du wirst zugebombt. Einmal am Tag muss ich mein Mailfach öffnen, und da wird es dann halt anstrengend. Labelarbeit, private Sachen und Promos – das muss alles bearbeitet werden. Das zehrt schon, darauf habe ich nicht jeden Tag Lust. Und Interviews. Wenn man sich Zeit lassen kann so wie jetzt, ist das okay, aber zum Beispiel Live-Interviews im Radio, bei denen du schnell auf den Punkt kommen musst. Das kann dann auch schon mal in die Hose gehen. Es gibt Profis, die kriegen eine Frage und können darauf perfekt antworten, das gelingt mir nicht immer so.

Frage: Eine klassische Frage in einem solchen Radiointerview wäre vielleicht: „Was ist das Außergewöhnlichste, das in deinem Rider steht?“ Und? Was ist es?

Sascha: Da kann ich echt nicht mit dienen. In meinem Rider steht wirklich so gar nichts Außergewöhnliches.

Frage: Gut, dann anders: Was ist das Außergewöhnlichste, das nicht in deinem Rider steht?

Sascha: Ich habe natürlich schon von Leuten gehört, die weiße T-Shirts, weiße Handtücher, Torten und Schlauchboote brauchen. Irgendwann fangen sie ja alle an zu plaudern, Promoter, DJs … was die da manchmal in den Rider stehen haben, ist unglaublich. Spezielle Getränkewünsche zum Beispiel. Es muss halt der und der Wein sein, sonst spielt der DJ nicht. Es gibt da krasse Sachen, aber da kann und will ich auch gar nicht mithalten. Ich denke, dass das alles zur Show dazugehört. Wenn ich mich jetzt wichtiger nehmen würde, als ich eigentlich bin … dann fängt das schon an mit Champagner. Trinke ich auch mal gern, aber ich trinke auch gern mal Sekt, einen Jägermeister oder einen Wodka. Letztendlich erwarten die Leute quasi von dir, dass du Champagner im Rider stehen hast. Hast du das nicht, wundern sie sich.

Frage: Wenn du dann also vor oder nach der ersten Flasche Champagner oder einem Jägermeister als DJ vor den Leuten stehst, fühlst dich dort wohl? Oder bist du eher der, der gerne im Studio schraubt, die große Bühne aber lieber meiden würde?

Sascha: Ich musste mich dran gewöhnen. Ich war in erster Linie ein Produzent, der gern Musik macht. Als es dann interessant wurde, Gigs zu spielen, habe ich mich in den Beruf des DJs verliebt. Es macht echt Laune. Ich mag kleine Clubs, aber das kannst du mit großen Festivals natürlich nicht vergleichen. Das ist einfach mega. Wenn du dort spielst, kommt es gar nicht so auf die Masse an Leuten an, sondern auf das komplette Drumherum. Da ist ein Openair an irgendeinem See tausend Mal geiler als ein Gig in irgendeinem Club.

Frage: Zum einen: Womit spielst du im Club? Zum anderen: Wie sieht dein Setup im Studio aus, und wie hat es sich über die Jahre gewandelt?

Sascha: Im Club bevorzuge ich MP3-Sticks, die Version 3.0. Ich liebe die rekordbox und spiele am liebsten mit Pioneer-Equipment. MP3-Sticks sind super komfortabel. Ich habe es vor ein paar Jahren noch mal mit Vinyl probiert, aber da haben mich die Veranstalter angeguckt wie’n Auto. Im Studio habe ich anfänglich mit Reason gearbeitet, dann mit Cubase, mit Logic. Aktuell arbeite ich mit Logic und Ableton. Hardware war für mich nie so sehr wichtig, weil ich mit vielen coolen Plugins arbeiten kann, wie aktuell mit dem Complete Bundle von Native Instruments. Ich arbeite mit Synthesizern von u-he, am liebsten mit dem Zebra². Und ich arbeite sehr gern mit dem u-he Diva. Ich habe im Studio ein Mikrofon und nehme damit verschiedene Dinge auf. Zum Beispiel eine mit Reis gefüllte Überraschungsei-Kapsel als Shaker. Oder ich klimpere mit einem Löffel in einer Tasse herum, dann hast du coole Percussions. Ich mache Claps etc. gern selbst.

Frage: Drei Dinge, die du auf Reisen immer dabei hast – außer Laptop und Smartphone?

Sascha: Frische Unterhosen, mein Akai Midi Keyboard und Kopfhörer mit Noise Reduction.



FINALE!

Sascha: iOS oder Android? – iOS.
Beim Gig angetrunken oder nüchtern? – Angetrunken.
Bier oder Gin Tonic? – Gin Tonic.
Fleisch oder Gemüse – Fleisch.
Pre-Set-Schlampe oder Knöpfchendreher? – Knöpfchendreher.
estaurant oder selbst kochen? – Selbst kochen.
Abende zu zweit oder mit Freunden – Zu zweit.



Interview & Text: Nicole Ankelmann
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