Mit Stil ins Jubiläum

Produzent, DJ, Labelchef und Bandmitglied – Das ist Oliver Koletzki, der Mann, der jedes Wochenende Clubs füllt, als Headliner auf Festivals spielt, der als einer der Vorreiter für organischen Deep House gilt und dessen Label „Stil vor Talent“ erst kürzlich die 100er Release-Schallmauer knackte. Was man oft vergisst: Auch ein Oliver Koletzki ist irgendwann einmal klein angefangen. Er hat nach der Arbeit im stillen Kämmerlein Beats gebaut und hätte fast seinen „Mückenschwarm“ in der Schublade versauern lassen. Aber schaut selbst!

[Einleitung]

Alex: Oliver! Schön, dass du für uns Zeit gefunden hast. Vielleicht gleich eins vorweg: Ich habe einen ziemlich schlechten Orientierungssinn. Ich weiß zwar, dass ich in Berlin bin, aber wo befinde ich mich jetzt aktuell?

Oliver: Der Bezirk hier, der Kiez, wie man in Berlin sagt, heißt Friedrichshain. Das ist ein Viertel, wo viele junge Leute zu Hause sind. Viele Studenten, viele Künstler und auch viele DJs. Gleich hier vorne, nur 500 m entfernt, ist das Watergate. Das Berghain und die Panoramabar sind nur 400 m weg und hinter uns ist der Boxi. Hier ist immer viel los, natürlich auch nachts. Die Simon-Dach-Straße ist auch immer sehr belebt – du hast vielleicht auch schon die ganzen Bars und Kaffees bemerkt, die hier sind. Ja, Friedrichshain ist ein kleiner Partybezirk.

Alex: ...und hier hast du dich niedergelassen!

Oliver: Ja, in der Nähe wohne ich auch, genau. Hier gefällt's mir gut! Als ich vor 10 Jahren nach Berlin gezogen bin, hatte ich hier meine erste Mietswohnung und das war „Love at first sight“ - das hat mich gleich gepackt. Zwischendurch bin ich noch einmal für zwei Jahre nach Kreuzberg gezogen, in den westlichen Teil der Stadt, aber jetzt bin ich wieder hier. Und ja, mein Herz schlägt in Friedrichshain.

Alex: Und dieses Café, das du dir für heute herausgepickt hast, wählst du auch mal gerne zum Chillen oder für Interviews aus?

Oliver: Genau, bevor ich morgens ins Studio fahre oder ins Stil vor Talent Büro gehe, komme ich oft rein und hole mir meinen Kaffee auf die Faust, ansonsten frühstücke ich auch mit Fran ganz gerne hier. Doch, hier sind wir öfters!

Alex: Generell bist du ja ein sehr vielbeschäftigter Mensch. Aktuell hast du ein recht hartes Tour- und Clubprogramm hinter dir, aber mich interessiert jetzt erst einmal der Alltags-Koletzki. Wir haben heute einen verregneten Dienstag im September - wo haben wir dich denn aktuell weggezerrt?

Oliver: Okay, also ein Dienstag ist ein ganz normaler Office/Musik-Tag. Meistens ist das so, dass ich morgens erst einmal in unserem Büro vorbeischaue. Wir haben in unserem kleinen Büro bei Stil vor Talent inzwischen drei Festangestellte, und da gucke ich meistens morgens rein, spreche mit meinen Boys und Girls ab, was heute ansteht und was für Mails über Nacht reingekommen sind. Nach der Besprechung fahre ich dann meistens rüber nach Kreuzberg, da habe ich mein Tonstudio. Gerade jetzt in der Zeit, wo ich mein neues Album schreibe, bin ich viel im Studio und produziere Musik bis in die Abendstunden. Anschließend gehts wieder zurück nach Friedrichshain. Die Fran, die gerne kocht, hat dann Abends des Öfteren was leckeres zu essen gemacht.

Alex: Das ist ja auch praktisch!

Oliver: (lacht) Ja, und dann versuche ich auch wirklich alles abzuschalten und den Laptop auszumachen, um die wenige Freizeit mit Frau und Hund verbringen zu können.

[Oliver Koletzki & sein neues Album]

Alex: Über dein neues Album kann man im Internet ja schon einiges lesen, aber leider nichts hören. Dort liest man immer wieder, dass du dabei bist, das neue Album zu skizzieren. Wie kann man sich in der elektronischen Musik eine Trackskizze vorstellen?

Oliver: Ich, als Musiker, habe eine Klavierausbildung und auch schon viel in Bands gespielt, das heißt, ich setze mich also immer noch an das Klavier oder E-Piano. Ich habe zu Hause ein Klavier stehen und auch im Studio sind mehrere E-Pianos aufgebaut. Zwar bin ich ein House- und Technoproduzent, mache aber schon eher melodische Musik, das heißt, ich fange schon an, indem ich mich einfach ans E-Piano setze. Ein bisschen herumspielen, ein wenig ausprobieren und wenn ich dann ein paar schöne Harmoniewechsel oder eine Melodie habe, gehe ich rüber an den Computer und fange an, einen Beat mit Bass Drum, Snare und HiHats zu bauen. Ja, ach, weiß ich auch nicht, ich gehe einfach ins Studio und lasse es auf mich einprasseln und schaue einfach was passiert. Manchmal passiert was und am gleichen Tag entsteht noch ein toller Song und manchmal sitze ich da auch 4-5 Stunden und denke mir „Ach scheiße, da hast du mal wieder schön Zeit verschwendet“. Manchmal klappts und manchmal nicht!

Alex: Wenn man deine letzten Alben Revue passieren lässt, um vielleicht eine Richtung erahnen zu können, in die sich dein neues Album bewegt, fällt mir Großstadtmärchen 1 ein, was ich bei seinem Erscheinen als eine Art unerwartete Popexplosion wahrgenommen habe, weil zu dem Zeitpunkt ein ziemlich rauer, harter und minimaler Ton in der Clubszene gespielt wurde. Und da war es eine erfrischende Organik, die du an den Tag gelegt hast. Mittlerweile hat die Organik auch Einzug in den Club gehalten. Würdest du dich jetzt als einen der Vorreiter für organischen Deep-House bezeichnen?

Oliver: Das würde ich mir nicht rausnehmen, nein. Aber das ist natürlich schon so, wie du es sagst. Zu der Zeit, als das Album Großstadtmärchen 1 entstanden ist, war noch sehr minimale und eher monotone Musik angesagt, aber genau deswegen hatte ich auch dieses Album geschrieben, weil dieser Trend schon drei bis vier Jahre anhielt und mir das ehrlich gesagt ein bisschen auf die Nerven ging. Es kam wenig neues, es war immer minimal, es war immer monoton und zu dem Zeitpunkt habe ich mir gedacht „Mann, Oli, eigentlich kommst du aus dem Band-Hintergrund, du hast immer in Bands gespielt und kannst Klavier spielen!“ Und deswegen...

(Das Frühstück wird gereicht)

Oliver: Oh ja, immer her damit, danke! Also, deswegen hatte ich mich daran erinnert und auch einfach wieder Bock, mehr Melodien zu machen, wieder mehr echte Instrumente einzusetzen, wie zum Beispiel ein Fender Rhodes, einen Kontrabass oder eine Akustikgitarre...

(Das Gespräch wird durch eine schwirrende Wespe unterbrochen, die sich im Orangensaft von Oliver Koletzki niederlässt)

Alex: ...das war der O-Saft!

Oliver: (lacht)...soviel dazu. Und das habe ich dann einfach gemacht. Irgendwie kam das Album dann auch ganz gut an. Das hat dann aber schon noch ein wenig gedauert, bis andere Musiker das auch so gemacht haben. Mein Album war schon irgendwie so eine Art Vorreiter zu dem Zeitpunkt. Es fanden dann anscheinend immer mehr Leute gut und immer mehr Produzenten haben das auch so in diese Richtung gemacht. Darauf sind die Leute ebenfalls abgefahren und jetzt wurde in den letzten zwei bis drei Jahren in den Clubs, wie du schon sagst, mehr deepe Musik mit vielen Vocals und vielen Melodien gespielt. Das finde ich gut und war ja genau das, worauf ich hingearbeitet habe.

Alex: Wenn man sich ein wenig waghalsig aus dem Fenster lehnen würde, könnte man vermuten, dass du es nach diesem organischen Ausflug vielleicht dance-orientierter angehen wirst. Hast du jetzt schon genug Skizzen beisammen, um uns eine grobe Richtung vorzugeben?

Oliver: Dance-orientierter! Ach so, ja, ich dachte, ich werde jetzt wieder minimaler (lacht). Genau, es wird wieder ein bisschen danciger. Das waren jetzt insgesamt sogar drei Alben, die relativ poppig waren: Großstadtmärchen 1, dann Lovestoned mit meiner Frau Fran, was auch sehr poppig war, ebenso Großstadtmärchen 2. Ich habe jetzt auch wieder Bock, meine eigenen Lieder einfach auch wieder im Club aufzulegen. Das war natürlich unglaublich schwer, weil ich die Nummern damals auch geschrieben habe, damit man sie zu Hause oder im Auto auf dem Weg zur Arbeit hören kann, aber auf jeden Fall nicht im Club. Hypnotized kann man schon im Club spielen, aber viele Lieder sind einfach zu soft für den Dancefloor. Und gerade deswegen habe ich da Bock drauf und die letzten Monate darauf hingearbeitet. Es gibt mehrere Stücke, die auch schon fast fertig und sehr tanzbar sind. Es wird natürlich auch wieder ein, zwei poppige Songs und viel Gesang geben - ohne kann ich einfach nicht, denn mit Gesang zu arbeiten, macht mir echt am meisten Spaß, aber so alles über den Daumen gepeilt, wird es auf jeden Fall ein eher danciges Album.

Alex: Da können wir ja gespannt sein. Und was sich in deinen Produktionen neben den Vocals auch immer wiederfindet, das ist der Funk, den du zweifelsohne im Blut hast. In diesem Zusammenhang würde mich deine Meinung zum aktuellen Daft Punk Album Random Access Memories interessieren. Get Lucky war in diesem Sommer ja so eine Art Dosenöffner für den Dancefloor.

Oliver: Definitiv, auf jeden Fall! Also, ich habe den Song im ersten Monat auch gespielt, dann haben es aber so viele Leute aufgelegt, dass man es leider nicht mehr spielen konnte, weil es einfach jeder gespielt hat. Aber Get Lucky ist meiner Meinung nach schon ein großer Hit, da scheiden sich ja auch ein wenig die Geister. Viele Leute verstehen den Song einfach gar nicht, aber dadurch, dass ich auf funkige Sachen stehe, mit Slap Bass oder Funk-Gitarren, gefällt mir das Album total gut. Okay, ich bin Daft Punk-Fan der ersten Stunde, das Homework-Album hat mich und meine gesamte Musikkarriere nachträglich beeinflusst. Ich finde Random Access Memories gut, aber das ist jetzt natürlich kein Homework. Die Armen (Daft Punk, Anm. d. Redaktion) tun mir auch total leid, weil die ja unter so einem riesigen Druck stehen – wenn ich das schon mit mir vergleiche... Ich bin ja auch irgendwo unter Druck, weil viele sagen, dass Großstadtmärchen so gut war und gespannt sind, was als nächstes kommt. Dann will man natürlich auch nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Fans was möglichst Gutes wieder vorlegen und wieder ein gutes Album machen. Da setzt man sich schon ganz schön unter Druck, aber das ist bei Daft Punk natürlich noch viel krasser. Nichtsdestotrotz finde ich, dass das Album wieder gut gelungen ist.

Alex: Wo wir jetzt schon beim Thema Daft Punk sind, da ist der Sprung zu den 80ies und Giorgio Moroder ja auch nicht weit. Der wäre doch für ein Feature auf dem Album schon interessant – kann man dir dahingehend schon etwas entlocken?

Oliver: Ja, das wäre schön! (lacht) Nein, aber ich habe ganz tolle Sänger - ich darf hier leider keine Namen sagen, so gerne ich es auch tun würde, es liegt mir wirklich auf den Lippen! Ein, zwei sind auch mit dabei, wo ich wirklich stolz darauf bin, dass sie es auf das Album geschafft haben. Es werden wieder mehrere Newcomer sein, von denen man noch nicht so viel gehört hat, aber auch zwei, vielleicht sogar drei sehr prominente, die mitmachen. Es wird auch zwei Hip Hop-Stücke mit zwei Rappern geben, aber ich darf leider keine Namen sagen.

Alex: Dann bleibt uns nur auf Anfang nächsten Jahres zu warten...

Oliver: Ja, bitte. März 2014!

Alex: Typische, stilistische Elemente in deinen Produktionen sind geprägt von EBM-Einflüssen: Du hast diese 80er-Jahre-typischen, kurz gespielten Melo-Basslines, Claps oder Snares mit viel Hall, Arpeggio-Melodien oder catchige Chords. Auch bei dem 100er Release-Jubiläum von Stil vor Talent hört man immer mal wieder diesen 80ies Charme mit einer verspielten Leichtigkeit heraus. Würdest du dich schon als Kind der 80er bezeichnen?

Oliver: Ja, total! Ich bin 1974 geboren. Meine erste musikalische Entwicklung hat dort stattgefunden. 1980 war ich 6 und 1990 war ich 16 Jahre alt. Ja, das ist eine ziemlich wichtige Zeit für mich. Und ich fand da alles geil. Pet Shop Boys, Depeche Mode, das waren alles meine Heroes. Als ich Klavierunterricht hatte, bin ich in meiner Heimatstadt Braunschweig zum Musikladen gegangen, habe mir von den Pet Shop Boys ein Notenbuch gekauft und zu Hause stundenlang Always on my mind nachgespielt. Ja, ich bin ein Kind der 80er und das steckt auch tief in mir, weil das so früh in meiner Musikerziehung war. Das hört man dementsprechend auch immer wieder raus: Moog Synthesizer, Arpeggios, großer Hall auf Snares, das spiegelt sich da wieder – gut gemerkt!

[Oliver Koletzki im Studio]

Alex: Oliver, begonnen hat für dich ja alles im zarten Alter von 12 Jahren und zwar am Brotkasten, an dem Commodore C64 Computer. Als ich das gelesen habe, musste ich mich fragen, wie es denn dazu kam, dass du an einem C64 Musik gemacht hast. Den Atari ST gab es damals ja auch schon - und der hatte immerhin eine MIDI-Schnittstelle.

Oliver: Das war alles sehr von meinem Vater abhängig. Mein Vater war die elektronische Kraft im Haushalt, der als erster einen Computer nach Hause mitbrachte. Das war ja nicht so wie heute, wo das selbstverständlich ist, dass man einen Computer daheim stehen hat. Wir hatten vorher sogar noch den C16, der kam noch vor dem C64 heraus und sah auch noch verrückter aus... Das war auch so ein kleines Teil mit Gummitasten. Mein Vater kam dann irgendwann damit ins Wohnzimmer, stellte das Dingen auf den Tisch und sagte: "Das ist ein Computer!" Wir erwiderten daraufhin: "Mhh, okay, ein Computer...""

Alex: Ein Raunen ging durch die Massen!

Oliver: Ja, aber man wusste damals auch noch gar nicht so genau, was man eigentlich mit einem Computer so macht. Das war eine ganz andere Zeit als heute. Nach dem C16 kam der C64 und damit haben mein Bruder und ich natürlich als erstes gezockt. Ballerspiele, Tennis, alles mögliche. Das waren die ersten Spiele, die dafür programmiert worden sind. Aber durch verschlungene Umwege bin ich an ein Musikprogramm gekommen. Soundtracker, das war eins der ersten Musikprogramme. Ein 4-Spur Sequencer, was bedeutet, dass man nur 4 Spuren zur Verfügung hatte. Und damit habe ich dann meine ersten Gehversuche gemacht. Songs kann man das nicht nennen, aber ich habe daran herumgespielt. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich auf einmal diese Computerspiele, die ich eigentlich über alles geliebt habe, links liegen gelassen habe. In dieses komische und sehr simple Musikprogramm habe ich mich echt voll reingekniet. Den Atari ST habe ich mir später geholt. Genau wie du sagst, habe ich gecheckt, dass das Gerät eine MIDI-Schnittstelle hat und ich dann ein kleines Keyboard anschließen konnte. Und dem Atari ST bin ich dann auch sehr viele Jahre treu geblieben und habe jahrelang damit gearbeitet. Ich musste den auch mehrfach neu kaufen, weil der kaputt war. Das war auch der erste Computer, wofür ich eines der ersten Cubase-Versionen hatte. Mit Cubase arbeite ich heute noch. Und später ging es dann rüber zum PC. Aber mit dem Atari ST habe ich wirklich viele Jahre gearbeitet.

Alex: Ich glaube, Fatboy Slim arbeitet heute noch mit dem Atari ST...

Oliver: Wirklich!?

Alex: Der hat ja seine riesen Vinylsammlung, sampelt entsprechend alles ab und triggert es an – ich weiß nicht, ob er 2013 noch einen nutzt, aber ich habe ihn auf einem Foto mal mit dem Atari ST und dem Ur-Cubase gesehen.

Oliver: Geil. Verrückt.

M: Du sagtest es ja gerade selber, Musikmachen war ja im Grunde noch nie so einfach wie heutzutage. Im Grunde ist jeder Office-Rechner in der Lage, Musik zu komponieren. Früher musstest du das hart ersparte Führerscheingeld von deiner Omi für einen Akai S2000 Sampler aus dem... (überlegt kurz) Fenster werfen will ich ja nicht sagen, es hat sich ja schließlich gelohnt...

Oliver: Definitiv!

Alex: ...aber heutzutage machst du den Rechner an und im Grunde ist da ja schon alles vorhanden. Verspürst du so ein bisschen Neid auf die heutige Jugend, was sie für Möglichkeiten hat?

Oliver: Neid gar nicht, ich kann denen da nur zu gratulieren, dass sie es so einfach haben. Ich muss aber ehrlich dazu sagen oder in Frage stellen, ob das immer so gut ist. Es wird denen heutzutage echt ein bisschen zu einfach gemacht. Und dadurch, dass erfolgreicher DJ oder Produzent zu sein, heute so ein begehrtes Hobby ist, hat das ja total Überhand genommen. Früher sind die Leute in einen Sportverein gegangen oder haben sich eine Mofa zugelegt, die sie vor dem Haus gepflegt haben, heutzutage wird jeder Produzent und DJ. Was auf der einen Seite gut ist, aber man muss ganz ehrlich sagen oder sich fragen, ob diese ganzen Leute wirklich dazu gemacht sind, Musiker zu werden. Oder werden sie einfach durch diese simple Software oder einen David Guetta verführt, den sie im Fernsehen sehen? Der die Hände hochreißt und alle Frauen ihn lieben. Das ist manchmal nicht so optimal. Jeder, der jetzt versucht, Musik zu machen, ist sicherlich nicht der neue Mozart. Und genau das merken wir auch an den Demos bei unserem Label Stil vor Talent, die täglich reinkommen. Da ist ein Haufen Mist bei, wo man gleich hört, okay, der Typ hat sich Magix Music Maker gekauft, sich drei Stunden hingesetzt und schickt uns jetzt das erste Demo. Und das haut halt nicht hin! Was soll das? Und wem soll das weiterhelfen? Für uns als Label ist das sehr viel mehr Arbeit. Wir bekommen dann in Zeiten des Internets, wo früher noch eine Bewerbung mit CD, Lebenslauf und Foto eingesendet wurde, einfach einen New Send Link zugeschickt. „Hello, I am new producer, please listen to my music, here is the link“. Wir kriegen jeden Tag, wirklich, jeden Tag, 10 bis 15 Demos auf diese Art und Weise zugeschickt. Das meiste machen meine Jungs in Friedrichshain im Büro, die hören das alles vor. Ich selber schaffe das zeitlich gar nicht mehr. Die hören das vor, sortieren das aus und schicken mir wirklich die besten Sachen weiter. Aber das ist nun einmal die Folge von dieser Software, die das heutzutage so leicht macht.

Alex: Du sagtest ja, dass im Grunde jeder ein DJ, ein Produzent oder auch ein Künstler, ein Fotograf, ein Model oder eine Visagistin sein möchte. Meinst du, dass das Social Media, wie Facebook oder Youtube, die Selbstdarstellung anheizt?

Oliver: Man ist nun einmal viel dichter an seinen Vorbildern dran, als man es früher war. Früher war ein Star, also bevor es speziell Youtube und Facebook gegeben hat, auch ein Star, das heißt, dass man den nur im Fernsehen gesehen und in der Realität nur selten zu Gesicht bekommen hat. Höchstens im Fernsehen, aber auch nicht so oft; die Stars waren so unerreichbar. Heute ist man ziemlich schnell an den Leuten dicht dran, auch durch Instagram. Man folgt denen und sieht dann immer diese ganzen Bilder, die sie privat posten. Viele Leute glauben dann, dass das ein Kumpel von ihnen sei, nur weil sie ihm folgen. Sie denken, dass sie das auch erreichen könnten, was ich grundsätzlich gut finde, weil es die Leute eher dazu verführt, an ihre Träume zu glauben und an sich zu arbeiten. Aber letztlich wird alles gleich bleiben. Nur die Leute, die es ernst meinen und an sich arbeiten, werden es auch schaffen und die anderen eher nicht. Also es wird am Ende ohnehin immer eine natürliche Auslese geben, wo es nur die besten schaffen.

Alex: Oliver, wir haben eine Zeitmaschine gebaut: Vor der Tür ist der Fluxkompensator geladen, der DeLorian steht abflugbereit – in welche Zeit geht es? In welches Jahrzehnt?

Oliver: Vor oder zurück?

Alex: Wie du magst!

Oliver: Ach, dann nach vorne, nach hinten kenne ich ja, vielleicht 10 Jahre oder so? Aber nicht Zurück in die Zukunft-mäßig, ich will mich selber gar nicht sehen. Mich würde es mehr interessieren, was die jungen Menschen dann für Musik hören.Wenn man ein Label hat, ist das schon interessant. Viele Leute fragen mich auch, was ich denke, welche Musikrichtung die nächste sein wird, die den Musikmarkt regiert. Daher würde mich das schon interessieren, was in 10 Jahren für eine Musik am Start ist.

Alex: Wäre auch sehr praktisch, wenn du das jetzt wüsstest.

Oliver: Dann könnte ich jetzt mit den fettesten Hits starten! (lacht)

Alex: Um zurück auf dein Studio zu kommen: Ich habe in einer Ausgabe von der Keys einige Fotos von dir und deinem Studio erhaschen dürfen und ich muss zugeben, ich war auf den ersten Blick ein wenig erstaunt. Ich halte dich, gemessen an deinen Produktionen, für einen enorm vielseitigen Produzenten und ich hatte analoge Flaggschiffe erwartet, Synthesizer, ein riesiges Mischpult; habe dann aber festgestellt, dass du dich anscheinend mit dem notwendigsten Equipment ausstattest. Ist das so? Hast du gerne den Blick auf das Wesentliche?

Oliver: Du hast ja nicht die Software gesehen (lacht). Nein, ich bin ein typischer Software-Produzent. Früher hatte ich schon viele Synthesizer, die heute als Kultsynthesizer bezeichnet werden, aber ich habe schon relativ früh gemerkt, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die Software genauso stark ist wie die Hardware, wenn nicht sogar noch besser. Und ich bin jetzt auch nicht der krasse Nostalgie-Typ und brauche auch nicht noch mehr Staubfänger, als ohnehin schon Staub in meinem staubigen Studio ist. Ich habe da die Sachen, die mir wichtig sind. Das ist ein Fender Rhodes, da ist das Korg SV1 E-Piano und dann noch ein paar andere, kleine Sachen, aber ich arbeite in erster Linie mit Softwaresynthesizern. Ich mische auch nicht über ein analoges Pult ab, sondern intern über den Cubase-Mixer. Das mache ich schon immer so. Ich bin jetzt auch kein Angeber, der in einem fetten Ledersessel umringt von tausend Synthesizern sitzen muss, sondern mir ist die Musik viel wichtiger, die dabei rauskommt, als jetzt ein superfettes Studio zu haben. Nö, ich fühle mich da wohl und bin sehr happy.

Alex: Du arbeitest ja mit der DAW Steinberg Cubase. Was hat die DAW für dich für Vorteile, was bringt die für dich mit, dass es nach wie vor deine DAW ist. Du sagtest ja, dass du Cubase-Nutzer der allerersten Stunde bist.

Oliver: Ich glaube, dass Cubase erst einmal meine DAW ist, weil ich damit jetzt echt schon 20 Jahre arbeite. Cubase hatte ich sofort, als es veröffentlicht wurde, eine der allerersten Versionen. Das hat mich immer begleitet und das ist einfach schon die Gewöhnung. Ich kenne Cubase einfach in- und auswendig, auch die ganzen Shortcut-Befehle. Dadurch ist es ein sehr flüssiges Arbeiten und ganz ehrlich, Logic und Cubase haben sich ja immer mehr angenähert. So groß ist der Unterschied zwischen den beiden Programmen gar nicht mehr. Von Ableton halte ich ziemlich viel, das ist wirklich ein guter Sequencer, der nachträglich rausgekommen ist. Damit arbeiten ja die ganzen jungen Leute. Finde ich auch gut, aber wie gesagt, mit Cubase bin ich seit 20 Jahren dabei und das werde ich auch die nächsten 20 Jahre mit Cubase machen.

Alex: In einem Interview erwähntest du einmal, dass du lange Zeit vor dem Release von Mückenschwarm Geldprobleme gehabt hast, dass deine Tracks ungehört blieben. In der Kindheit hat dich dein Musiklehrer wegen fehlendem Talent aus dem Chor geschmissen. Dein Durchbruch gelang auch relativ spät mit 31 Jahren. Du musstest also eine verhältnismäßig lange Durststrecke mitmachen. Woher hast du denn in all dieser Zeit das Selbstbewusstsein genommen, an dich weiterhin zu glauben und weiter zu machen?

Oliver: Ich persönlich war nie so drauf, dass ich gesagt habe, ich will jetzt berühmt werden oder so. Und ich hatte ehrlich gesagt auch viel zu wenig Selbstbewusstsein, dass ich auch zu mir gesagt hätte, du wirst davon irgendwann leben können. Musik war für mich immer meine Freizeitbeschäftigung. Ich kam von der Arbeit nach Hause oder was ich zu der Zeit auch immer gemacht habe, und habe mich dann vor meinen Rechner gesetzt, so wie sich andere Leute vor den Fernseher setzen. Ich habe Musik gemacht und war stolz, wenn ich einen Song fertig hatte. Den habe ich dann in meinem Freundeskreis vorgespielt. Und damit war ich zufrieden. Ich wollte da gar nicht mehr. Ich lag auch nachts nicht im Bett und habe davon geträumt, ein großer DJ zu sein, der die Massen begeistert. Ich habe vielleicht damals gedacht, dass es schon geil wäre, wenn es dann doch passiert, aber ich war jetzt nie so drauf, dass ich das fokussiert habe und das unbedingt wollte. Für mich war Musik einfach etwas, das ich gerne gemacht habe, das mich zufrieden gestellt hat - und das wars. Selbst bei Mückenschwarm wurde ich auch von anderen Leuten überredet, dass ich die Nummer rausbringe. Also selbst bei Mückenschwarm hätte mir das gereicht – das war ein gutes Lied und ich hätte das auch gerne einfach in eine Schublade gelegt und für mich wärs okay gewesen. Das war dann wirklich Zufall, dass andere Leute mich überredet haben, davon doch 500 Exemplare auf Platte pressen zu lassen. Gott sei Dank haben das andere Leute gemacht. René heißt der gute Mann, der mich überredet hat. Danke noch einmal dafür.

Alex: Was würdest du denn deinem Musiklehrer sagen, wenn du ihn heute auf der Straße treffen würdest?

Oliver: Meinem Musiklehrer? Der, der mich aus dem Chor geschmissen hat? Dem würde ich sagen, dass er das schon ganz richtig gemacht hat, weil ich wirklich nicht singen kann – leider. Könnte ich singen, dann hätte ich es schon längst getan. Dann würde ich nämlich auf meinen Alben selber singen. Aber das kann ich leider nicht. Ach, ich bin dem überhaupt nicht böse. Ich war ja im Chor und nicht beim Klavierunterricht. Und wenn man nicht singen kann, dann muss man aus dem Chor fliegen – das passt schon.

[Oliver Koletzki & Stil vor Talent]

Alex: So Oliver, kommen wir zu deinem Label Stil vor Talent - wir schreiben mittlerweile das Jahr 2013, wir haben den Fluxkompensator jetzt mal ausgeschaltet. Ihr habt ja vor einiger Zeit die 100er Release-Schallmauer durchbrochen. Hattest du denn damals bei der Entstehung von Stil vor Talent überhaupt daran gedacht, dass dein Label eine derartige Reichweite und Umsetzung schaffen wird?

Oliver: Nein. Ich dachte, dass es ein kurzer Spaß sein wird. Es klappt eh nicht. In einem Jahr ist der Spuk wieder vorbei. Genauso wird das laufen – dachte ich. Ja, unglaublich, jetzt sind wir beim 100. Release. Ich weiß auch nicht, das ist natürlich viel Glück. Da sind auch ein paar gute Songs bei, ein unglaublich starkes Team, das im Hintergrund arbeitet und sehr gewachsen ist. Das hat angefangen mit Chrisse Kunst, unserem Comiczeichner, der die ersten Cover gezeichnet hat, unter anderem auch für meine ganzen Alben, wie Großstadtmärchen 1 und 2. Der war von Anfang an mit dabei. Slawjana Ulrich, die hat den Bürokram von Anfang an gemacht. Mit den Leuten ist das ganze Label gewachsen. Und dann hatte man noch hier und da das richtige Lied und ist bekannter geworden. Ja, ich weiß auch nicht, wie das kam, wir sind auf jeden Fall beim 100. Release und ich bin einfach nur glücklich und auch natürlich ein Stück weit stolz, dass wir das jetzt so weit geschafft haben – Hammer!

Alex: Absolut! Stil vor Talent wurde ja auch in die Welt gerufen, um jungen Künstlern eine Art Basis zu bieten, eine Plattform, um mit ihrem Output auch an eine breite Öffentlichkeit gelangen zu können. Wie lautet dein Resümee nach über 100 Releases?

Oliver: Ja, es ging voll auf! Wir haben Künstler, wie Florian Meindl oder Channel X, die noch ganz normale Jobs gehabt haben, als sie zu unserem Label gekommen sind. Channel X haben zum Beispiel bei Osram in der Glühbirnenfabrik gearbeitet. Was die alle für Jobs hatten! Viele davon können heute von der Musik leben. Gerade speziell das ist etwas, worauf ich unglaublich stolz bin, denn ich hätte von mir selber ja nie erwartet, dass ich das schaffe. Durch Zufall und Glück habe ich es dann irgendwann geschafft. Das war mein Traum: Das, was mir geschenkt wurde, auch anderen zu schenken. Und genau das hat in den Fällen geklappt. Oder zuletzt bei Klangkarussell. Das ist doch toll! Das ist genau das, wovon alle junge Menschen träumen und das Hobby zum Beruf machen. Das ist doch wunderschön, wenn das mal ab und zu klappt.

Alex: Was war denn für dich die kurioseste Entdeckungsgeschichte von einem Artist auf eurem Label?

Oliver: Die kurioseste Entdeckungsgeschichte? Von einem Künstler? Von einem Lied?

Alex: Ich habe jetzt mehr an einen Künstler gedacht.

Oliver: Ja, ich weiß gar nicht, ob ich damit dienen kann. Also ich kann jetzt natürlich Klangkarussell nennen, wo mir auch auf Umwege dieser Sonnentanz zugeschickt und gesagt wurde, hier, hör mal rein. Ich habe reingehört und ich dachte mir, okay, das Lied ist ganz gut, das könnte man vielleicht rausbringen. Dann habe ich die Jungs auch kennengelernt - zwei ganz junge, schüchterne Typen vom österreichischen Kleindorf, die gar nicht so recht wussten, was sie da gemacht haben. Okay, sie haben schon gewusst, was sie da gemacht haben, aber die beiden waren neu dabei, hatten noch nicht lange produziert und der Sonnentanz war eins ihrer ersten Lieder. Wir alle hatten nicht so recht gewusst, wie groß das werden würde, das war schon ziemlich verrückt. Dann haben wir dieses Lied rausgebracht, das ja schon im Vorfeld tausende, zehntausende, hunderttausende Youtube-Klicks bekommen hat - inzwischen sind es viele Millionen! Das ist eine richtige „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Geschichte bei den beiden Jungs. So richtig verstehe ich es immer noch nicht, muss ich ehrlich sagen, warum es so erfolgreich wurde (lacht). Aber das ist Musik, und das muss man auch nicht immer verstehen. Genauso verstehe ich es umgekehrt nicht - wir bringen manchmal bei Stil vor Talent einen Release raus, da denke ich „Mann, das wird ein Riesenhit!“ - und kein Schwein interessierts! Das macht aber gerade dieses Genre und diesen Job so spannend. Man kann nicht alles wie im Matheunterricht berechnen, man wird immer überrascht. Und im Fall von Klangkarussell war es ja dann eine positive Überraschung.

Alex: Klangkarussell hast du ja gerade angesprochen - sicherlich eine DER Entdeckungen auf Stil vor Talent, mittlerweile sind sie auch auf Universal gesignt. Nach dem Release ist jedoch auf Youtube das Video "Nothing more than a construction kit" veröffentlicht worden. Ein niederländischer Radiomoderator hat per Zufall auf einer Sample-CD die kompletten Trackbestandteile von Sonnentanz entdeckt. Es gab einen riesigen Aufschrei im Netz: „Wie können die das machen, ich nutze nie Samples!“ Die Homeproduzenten haben sich vehement dagegen gewehrt. Findest du diese Sichtweise ein wenig zu einseitig oder macht dich das traurig, dass die Leute das so einseitig beurteilen?

Oliver: Also, ich habe die Diskussion verfolgt und ich muss ehrlich sagen, dass es auf Facebook ausgeglichen war – da war es nicht so, dass alle auf Klangkarussell herumgehackt haben. Gerade auf Facebook waren mehrere Produzenten vertreten, die sich an der Diskussion beteiligt und gesagt haben: "Jungs, was wollt ihr denn? Genau dafür sind Sample-CDs doch da!"" So sehe ich das auch. Sample-CDs werden dafür hergestellt, damit man sie zum Musikmachen nutzt. Das ist der Sinn und Zweck. Ich finde es unglaublich, wie man einem vorwerfen kann die Dinger zu benutzen, die genau dafür hergestellt wurden, damit man sie benutzt. Klar kann man jetzt sagen, dass mehrere Samples aus einem Construction Kit entnommen wurden und die Jungs es sich jetzt ein bisschen leicht gemacht und zu viel aus einem Construction Kit genutzt haben. Aber ganz ehrlich, wie ich vorhin schon gesagt habe, das war eines ihrer ersten Lieder. Als ich vor 25 Jahren angefangen habe, Musik zu machen, habe ich auch verrückte und peinliche Sachen gemacht, nur um meinen ersten Song irgendwie hinzukriegen. Und vor allen Dingen hat das ja keiner gewusst, dass das so groß wird. Das muss man den Jungs zu Gute halten. Die sind auch echt noch im Trainingslager, das war eines ihrer ersten Lieder und da macht man so etwas. Und ganz ehrlich, sich da aufzuregen... Die Sample-CDs sind genau dafür da, um genutzt zu werden und ich glaube auch nach wie vor, dass dieser niederländische Moderator der Hersteller dieser Sample-CD ist...

Alex: (lacht)

Oliver: ...und sich deswegen so schwarz ärgert.

Alex: Okay, das ist natürlich berechtigt! Also wenn ihr bei Stil vor Talent von diesem „produzententechnischen Unding“ gewusst hättet, wäre das für euch ein Grund gewesen, die Nummer nicht zu releasen?

Oliver: Nein, auf gar keinen ... (überlegt kurz)... tja, schwer zu sagen. Also angenommen, ich hätte das vorher gewusst, dass so viele Spuren aus einem Construction Kit kommen... Gute Frage. Also, gut hätte ich es nicht gefunden – ich kannte die Jungs jetzt auch nicht und da hätte ich gesagt: „Jungs, das Lied ist echt gut geworden, aber ihr habt es euch echt ein bisschen zu einfach gemacht, schmeißt doch mal lieber die eine oder andere Spur raus, lasst das Saxophon drin, von mir aus, aber baut noch was drum herum und versucht doch, selbst mehr kreativ in den Song einzuwirken, als nur Spuren via Drag & Drop aus dem Construction Kit zu nehmen“. Aber, nö. Ich hätte das trotzdem rausgebracht. Wenn ein Lied gut ist, ist ein Lied gut. Ich meine, guck doch mal in die Beatport-Charts. Alle Leute samplen illegal von anderen Menschen, ohne die Rechte zu klären. Auf sämtlichen Hip Hop-Stücken wird nur gesampelt, nur geklaut, die Künstler werden nicht gefragt, Urheberrechte werden jeden Tag verstoßen und da gibts keinen Shitstorm, da regt sich keiner drüber auf. Aber wenn die Jungs was von einer legalen CD nehmen, die dafür gemacht wurde, dass man sie nutzt, da regen sich alle auf. Das ist nicht okay. Nö, würde ich trotzdem rausbringen.

Alex: Wo wir jetzt gerade bei dem Thema der digitalen Releases angekommen sind: Neben den digitalen Veröffentlichungen legt ihr bei Stil vor Talent großen Wert auf das Vinyl. Was macht denn für dich eine Vinylplatte zu etwas Besonderem, bzw. was sind die Kriterien, die ein Track erfüllen muss, um auf Vinyl gepresst zu werden?

Oliver: Also in der Vergangenheit haben wir ja jeden Release auf Vinyl pressen lassen – wir hören damit leider auf. Das muss ich jetzt an dieser Stelle sagen. Leider, leider, leider. Ich warte schon die ganze Zeit wann das erste Interview kommt, wo ich sagen muss, dass wir damit aufhören.

Alex: Hallo!

Oliver: Ja, hallo (lacht), jetzt ist es an der Zeit. Wir bringen Vinyl nur noch zu ganz bestimmten Alben raus, wenn wir Compilations machen oder wenn ich fühle, dass ich einen ganz besonderen Release habe, das richtig geht, dann bringen wir noch Vinyl raus. Ansonsten werden wir uns auf digitale Releases beschränken, weil es einfach nicht mehr wirtschaftlich ist. Wir verkaufen wirklich gut mp3s, da können wir uns echt nicht mehr beklagen. Es ist nicht mehr wie in den Anfangsjahren von Stil vor Talent, wo wir knapsen mussten. Der mp3-Verkauf ist wirklich gut, aber Vinyl wird immer schwieriger und das aus verschiedensten Gründen. Erst einmal ist es ein Abwärtstrend, den wir verfolgen können. Wir schaffen es jetzt nicht einmal mehr, 400-500 Platten von einem Release zu verkaufen, das steht völlig im Kontrast zu mp3s. Wenn wir die Platten auch nicht verkaufen - was sollen wir damit machen? Das ist jetzt auch aus umwelttechnischen Gründen nicht so toll, weil das Vinyl nicht das verträglichste Produkt ist. Das muss speziell entsorgt werden, das kann man nicht einfach in die Mülltonne schmeißen. Außerdem ist die Herstellung recht teuer. Wir wollen unseren Künstlern bei der Quartalsabrechnung für ihre Songs, die sie bei uns herausgebracht haben, entsprechend Geld auszahlen. Und das könnten wir auch, weil wir gut mp3s verkaufen, aber wenn wir Vinyl herstellen und die Herstellung dafür so teuer ist, dann wird das bei der Abrechnung davon abgezogen. Dann bleibt nicht mehr viel Geld von den verkauften mp3s übrig. Deshalb habe ich mich schweren Herzens dazu entschlossen, - wir haben nämlich all die Jahre immer Vinyl gemacht - dass wir nicht mehr bei jedem Release Vinyl pressen lassen, nur noch zu Alben oder besonderen Releases.

Alex: Okay, schade, aber schweren Herzens, wie du sagst...

Oliver: Ja! Hey, ich hab schon mit 17 auf meinem Rucksack "Save the Vinyl" in fetten Buchstaben mit Edding geschrieben und bin damit jeden Tag zur Schule gerannt. Das ist wirklich Liebe seit vielen Jahren. Aber gerade wenn man eine wachsende Firma mit Festangestellten hat, muss alles rentabel und finanzierbar sein. Da muss man auch hier und da Kompromisse eingehen.

Alex: Das Thema des Musikstreamings und auch der illegalen Downloads beschäftigt dich als Labelchef sicherlich besonders und betrifft euch ja auch besonders. Wie stehst du denn dem Argument gegenüber, dass illegale Downloads auf der einen Seite zwar den Profit schmälern, aber auf der anderen Seite den Bekanntheitsgrad von Künstler und Label gleichermaßen steigern und dadurch größere Bookings ermöglicht werden?

Oliver: Das ist total schwer. Es ist an beiden Argumenten etwas dran. Auf der einen Seite nervt dieses illegale Heruntergelade tierisch. Wir versuchen auch, alles dagegen zu machen. Wir haben seit zwei Jahren eine Firma beauftragt, die die ganze Zeit das Internet abscannt und Bad Links löscht. Es gibt somit nicht mehr so viele Links von Stil vor Talent zu finden, weil das Netz jeden Tag und jede Stunde gescannt wird. Aber es ist natürlich ein Kampf gegen Goliath. Es kommen in einer Tour Links raus, und es ist echt schwer dagegen anzukämpfen. Auf der anderen Seite hast du natürlich recht, es ist ein Promotion-Effekt. Gerade einem unbekannten Künstler hilft es viel weiter, wenn das im Internet die Runde macht und dann bekommt er vielleicht auch Auftritte. Aber wir als Plattenfirma müssen ja auch irgendwie überleben und wir haben von den Auftritten erst einmal nicht so viel. Das hilft dann eher dem Künstler weiter. Wir als Plattenfirma müssen gucken, dass wir von den Verkäufen leben. Deswegen muss es einfach in unserem Sinne sein, dass illegale Downloads weiter unterbunden werden. Und auch bei Streaming-Diensten, von denen ich Anfangs ein Gegner war, bin ich jetzt schon soweit, dass ich sage: "Okay, anscheinend kommt da am Ende doch was bei rum". Auch wenn man nur 0,00003 Cent-Beträge pro Stream bekommt, zeigen aber die neusten Entwicklungen, dass es sich am Ende aufgrund der großen Masse doch lohnt. Deswegen machen wir da jetzt auch mit und ja, ich will einfach mein Baby, was ich 8 Jahre groß gezogen habe, Stil vor Talent, das will ich weiter betreiben. Dann von mir aus auch mit Streaming – ich will ja keine Mitarbeiter entlassen. Das muss weiter gehen, das soll weiter gehen und wenn uns das Leben schon mit illegalen Downloads so schwer gemacht wird, dann von mir aus auch mit Streaming-Diensten. Hauptsache, ich kann das Label weiter rentabel betreiben.

Alex: Was aber auf jedenfall nicht kopierbar ist, das ist die Mode. Die kann man nicht downloaden...

Oliver: Noch nicht! Warte mal den neuen 3D-Scanner ab (lacht)...

Alex: Bis dahin werdet ihr das 50-jährige Stil vor Talent-Jubiläum feiern und das ist ja auch eine schöne Sache.

Oliver: Ja, genau!

Alex: Aber definitiv habt ihr mit der Mode ein weiteres Standbein geschaffen. Wie kommt man auf die Idee, bei einem Musiklabel der elektronischen Musik auch ein Modelabel zu implementieren?

Oliver: Das war so, dass ich diesen verrückten Labelnamen hatte: Stil vor Talent, der von Anfang an aus den unterschiedlichsten Gründen ziemlich gut ankam. Es fanden ihn viele toll und haben zu mir gesagt: "Mann, so ein geiler Spruch, Stil vor Talent, den hätte ich auch gerne auf meinem T-Shirt!"" Und kurze Zeit später hat den Leuten auch die Musik gefallen. Anschließend wollten auch andere Leute Stil vor Talent auf ihrem T-Shirt haben, einfach aus dem Grund, weil sie die Musik gut fanden. Wir haben das dann einfach mal gemacht, einige T-Shirts bedruckt und auch ein paar verkauft. Irgendwann hatten wir dann dieses viereckige Logo, was recht gut geworden ist, das hatte die Svetlana entworfen. Anschließend brachten wir Hoodies, Tank Tops und natürlich unsere Jute- Beutel auf den Markt. Die guten alten Jute-Beutel! Die sind auch bis heute unser stärkstes Produkt und mittlerweile auch in verschiedenen Farben erhältlich. Man darf das aber nicht überschätzen, weil du gesagt hast, dass die Mode unser zweites Standbein sei. Wir verdienen da ein wenig was dazu. Aufgrund von illegalen Downloads sind wir auch über jeden Cent dankbar, der da zusätzlich reinkommt. Da ist jetzt aber auch noch keiner Millionär geworden. Das Fashion-Dingen macht Spaß und es kommen dadurch ein paar Euro rein. Bald gibt es übrigens auch Baseball-Jacken, da freuen wir uns auch drauf, die kommen jetzt im Herbst. Ja, das macht einfach Spaß und das macht man so nebenbei.

Alex: Eine Frage vorweg: Denkst du, dass der Raver heute modebewusster ist als vor 20 Jahren?

Oliver: Ich glaube, der ist ein bisschen stylischer geworden. Früher hatten Raver einige typische Merkmale, wie Trompetenhose, Buffalos mit 20-cm-Absätzen, Trillerpfeife, Handschuhe, ein Vogelnest auf dem Kopf...

Alex: ...und Warnwesten.

Oliver: Oh Gott, ja (lacht). Dieses typische, einheitliche hat zum Glück abgenommen. Ich glaube, dass der Raver heutzutage einfach ein modebewusster, junger Mann ist. Hier in Berlin sagen auch viele „Hipster“. Gerade über Stil vor Talent sagt man, wir seien ein Hipster-Label... Das verstehe ich zwar nicht so ganz, aber ich finde, dass gerade die Leute, die elektronsiche Musik hören, heutzutage ganz schick gekleidet sind. Also im Grunde genau diese Kehrtwendung zu früher, wo alle nur Buffalos anhatten. Ich finde den elektronischen Musikhörer heute eigentlich ganz schick.

[Oliver Koletzki Live]

Alex: Die Festivalsaison geht nun leider langsam zu Ende, das Wetter wird auch langsam schlechter – dein Fazit 2013, bitte!

Oliver: Das war wirklich super! Ich hatte auch nicht so viele verregnete Open Airs, aber es war dennoch relativ anstrengend, weil ich so viel gespielt habe. Da waren echt viele Wochen bei, wo ich 4-5 Gigs die Woche gespielt habe. Das ging schon an die Substanz. So zwei, drei Gigs ist man ja gewohnt, auch im Winter, also Freitags, Samstags und manchmal auch Sonntags, aber wenn es dann auch Mittwochs oder Donnerstags schon losgeht, merkt man am Sonntag, dass man ziemlich kaputt ist. Das war wirklich nicht ohne. Aber es war super! Ich liebe es, draußen aufzulegen. Tagsüber mag ich auch viel lieber. Ich bin eigentlich gar nicht so ein Nachtmensch und gehe auch unter der Woche 11, halb 12 meistens schon schlafen.

Alex: Ach was!

Oliver: Ja! Man muss jetzt nicht denken, ich bin bis zwei wach oder so. Überhaupt nicht, im Gegenteil. Das ist vielleicht auch genau der Ausgleich, den ich zu dem krassen Wochenendprogramm brauche. Und im Grünen, in der Natur – das mag ich auch total gerne. Ja, das war super, tolle Festivals in Deutschland. Auch in Holland habe ich viel gespielt, schöne Festivals in Amsterdam – ich bin happy mit der Open Air Saison, aber jetzt auch ganz froh, dass es wieder zurückgeht, weil ich jetzt auch nicht mehr ganz so oft auftreten darf, aber das war ein toller Sommer.

Alex: Unsere Leser sind natürlich besonders technikaffin – wie sieht denn für dich ein typisches Setup aus, was muss bei dir auf der Bühne stehen, womit fühlst du dich wohl?

Oliver: Als DJ, als Liveact oder als Band? (lacht)

Alex: Ja gut, die Rubrik heißt "Oliver Koletzki live", also fangen wir mal als DJ an!

Oliver: Pioneer ist meine Marke. Ich bin mit den 1000er MK3s sehr glücklich, da hat Pioneer wirklich Pionier-Arbeit geleistet. Ich habe ja mein Leben lang mit Vinyl aufgelegt und als die CD-Player rausgekommen sind, war ich schon ziemlich skeptisch. Ich habe auch erst nicht sofort gewechselt, sondern noch ein paar Jahre weiter mit Vinyl gespielt. Als dann der 800er erhältlich war, habe ich angefangen, mit CDs zu spielen und gemerkt, dass es wirklich gut geht und zum Vinyl gar nicht so anders ist – das hat mich dann überzeugt. Seit einem Jahr ungefähr spiele ich mit USB-Sticks - das ist einfach ein total geiles Reisen. Ich muss jetzt nicht mal mehr ein CD-Case mit haben. Ich habe jetzt teilweise, wenn ich nur für einen Gig in eine Stadt fliege, gar keinen Koffer mehr dabei. Nur unseren Stil vor Talent Rucksack...

Alex: Oder den Jute-Beutel!

Oliver: Genau, den Jute-Beutel habe ich dabei, und da sind T-Shirt, Zahnbürste und meine Kopfhörer drin. Die USB-Sticks habe ich immer in der Hosentasche, das hat vieles einfacher gemacht. Wenn man einmal mit einem 100er Vinyl Case über einen thailändischen Strand musste, dann weiß man, dass das doch alles ganz schön hart und anstrengend sein kann. Die Entwicklung hat da wirklich viel gebracht. Beim Mixer ist ja immer die große Diskussion, ob Allen&Heath oder Pioneer. Auch wenn der Pioneer im Gegensatz zum Allen&Health vielleicht nicht ganz so gut klingt, was mir viele Club-Besitzer sagen, liebe ich trotzdem die Effektsektion an dem Pioneer, mit der ich auch relativ viel arbeite. Gerade mit Delay und Reverb. Deswegen, zwei Pioneer CD-Player, ein Pioneer Mixer und dann bin ich happy!

Alex: Ein DJ-Set geht in Zeiten der Digitalisierung auch immer mehr in Richtung eines Liveacts. Was muss denn für dich erfunden werden, damit du von den CD-Playern wegkommst?

Oliver: Das weiß ich nicht – ich bin da so glücklich mit. Ich bin da jetzt auch einer, der beim Auflegen nicht so viel live macht – wenn ich was live mache, dann spiele ich mit meiner Band, das ist dann wirklich live. Als DJ bin ich einer der alten Schule. Ich mixe ein Lied und wenn das dem Ende zu geht, mixe ich das andere Lied. So habe ich das bei Vinyl gemacht, da ging das auch nicht anders und so mache ich das jetzt auch noch mit CDs. Die jungen Leute, die dann loopen und noch einen dritten Track reinmixen, die sollen das machen, davor habe ich auch Respekt, aber ich lege jetzt schon seit 20 Jahre auf und ich bin ein DJ, der Lied nach Lied mixt. Ich habe auch so viel Respekt vor dem Musikstück, was der Produzent erschaffen hat, dass ich das auch gar nicht großartig verändern will. Ich lege das ja auf, weil ich das gut finde, und ich will das jetzt nicht groß durch Edits oder Loops verändern, sondern ich zeige dem Künstler Respekt dafür, dass ich das Lied so abspiele, wie er es geschrieben hat. Und deswegen lege ich einfach ganz normal Track nach Track auf.

Alex: Absolut, der Künstler hat sich ja auch irgendwas gedacht, als er das Lied geschrieben hat.

Oliver: Stimmt genau.

Alex: Hast du auch eine bestimmte Vorbereitung für deine DJ-Sets?

Oliver: Bevor es ins Wochenende geht, habe ich immer einen traditionellen Freitag, auch wenn es nicht immer unbedingt der Freitag sein muss, aber ich habe einen Tag, bevor das Wochenende losgeht, da setze ich mich zu Hause hin, höre mir die neuesten Promos an, gehe auf Beatport oder auch iTunes, schaue, was so neues herausgekommen ist und kaufe meine Musik. Ich setze mich wie früher hin, wo ich meine CDs nach Kategorien gebrannt habe. Deep House, Melody, Emotions oder was die auch für schöne Namen haben. Dort sortiere ich dann die Tracks ein. Heute nutze ich Rekordbox und habe auf meinem Laptop immer noch diese Ordner, wo ich die Tracks vorsortiere, damit ich so ungefähr weiß, wo ich was wiederfinden kann. Früher konnte man ja eher nach optischen Merkmalen sortieren, da ist man eher nach dem Cover gegangen. Heute ist das alles digital und man muss sich eine andere Methode überlegen, wie man sortiert. Aber das klappt ganz gut. So bereite ich mich vor. Ansonsten lege ich natürlich total spontan auf. Ich komme hin, bin auch immer ganz gerne so eine Stunde vor meinem Set vor Ort, damit ich das Publikum abchecken und hören kann, wie der DJ vor mir auflegt und das Publikum auf seine Lieder reagiert. Und dann lege ich immer ganz spontan auf. Ich spiele auf jeden Fall keine vorgefertigten Sets und versuche immer einen schönen Spannungsbogen aufzubauen. Das klappt auch eigentlich immer ganz gut.

Alex: Wir hatten ja im letzten Jahr Dapayk & Padberg als unsere Kataloghelden bei uns in Münster zu Gast.

Oliver: (begeistert) Ja, ich weiß!

Alex: Du hast ja auch auf dem I Love Vinyl gespielt, das ist das Festival, was die beiden veranstalten. Auf dem I Love Vinyl wird nur mit dem schwarzen Gold aufgelegt. Wie lief denn da die Vorbereitung für dich ab?

Oliver: Ich muss gestehen, dass ich bei der Vorbereitung meine alten 1210er tatsächlich entstaubt habe. Ich benutze die nur noch sehr selten, aber sie stehen natürlich immer noch bei mir zu Hause. An dem Tag meinte der Nico Schwind zu mir, dass er auch am liebsten noch ein bisschen üben würde. Ich sagte dann zu ihm, dass er doch einfach zwei Stunden, bevor wir da hinfahren, bei mir rumkommen sollte. Er ist bei mir vorbeigekommen und wir haben tatsächlich noch einmal die ganzen alten Vinyl-Platten herausgeholt. Ich habe natürlich alle Stil vor Talent-Platten eingepackt, die ich so habe, das liegt ja nahe. Dann haben wir noch schnell ein, zwei Übergänge gemacht, um abzuchecken, ob wir das eigentlich noch können. Aber das verlernt man tatsächlich nicht mehr, da muss man echt nur ein, zwei Übergänge machen und dann ist man wieder voll drin. Aber sicher ist sicher! Ich spiele seit 4 Jahren nicht mehr mit Vinyl, und da fragt man sich schon, ob man das eigentlich noch kann.Wir haben heimlich kurz geübt und als wir dann auf dem I Love Vinyl aufgelegt haben, ging alles wie am Schnürchen, als hätten wir mit Vinyl nie eine Pause gemacht. Also das hat dann auf dem Festival richtig gut geklappt.

Alex: Also dieser „Fahrrad-Fahren“-Effekt...

Oliver: Genau, du sagst es.

Alex: Was war denn dein bis dato verrücktester oder witzigster Gig? Hast du da so eine Anekdote, die du zum Besten geben möchtest?

Oliver: Von allen Gigs, die ich je gespielt habe?

Alex: Ja, von allen! (lacht)

Oliver: Oh, das ist eine der schlimmsten Fragen, die man gefragt werden kann... Warte, muss ich überlegen... Verrückt... Was beschreibt das Wort verrückt?

Alex: Der Gig ist so verrückt gewesen, dass du das in einer lustigen Bierrunde zum Besten geben möchtest.

Oliver: (überlegt)

Alex: Aber schön, dich auch ein bisschen verzweifelnd zu sehen, muss ich ehrlich sagen!

Oliver: Das Dingen ist, da gab es in 8 Jahren des Dauerauflegens natürlich unzählige, aber wenn ich jetzt einen herauspicken soll... Du, wir müssen die Fragen springen...

Alex: Okay, dann kommen wir jetzt zur Fußballwelt, beziehungsweise ziehen einen Vergleich aus der Fußballwelt.

Oliver: Aus der Fußballwelt?

Alex: Ja, richtig!

Oliver: Okay...

Alex: Da heißt es ja, dass nicht jeder gute Fußballer auch ein guter Trainer sei. Wenn man das jetzt auf die Musikwelt übertragen würde, würde das ja bedeuten, dass nicht jeder DJ auch gleichzeitig ein guter Produzent ist. Du vereinigst ja beide Seiten, sowohl als Produzent als auch als DJ. Was würdest Du den DJs auf den Weg geben, die zwar versuchen zu produzieren, es aber noch nicht so umsetzen können, wie sie es sich vorstellen. Hast du da vielleicht ein paar Tipps parat?

Oliver: Naja, die sollen auf jeden Fall erst einmal üben, üben und nochmals üben bevor sie uns Demos schicken (lacht)! Das hatten wir ja vorhin schon, das GesprächsthemAlex: Nur weil man in der ersten Nacht denkt, man hätte was tolles erschaffen, muss man es nicht gleich rausschicken, sondern üben. Und vor allen Dingen mit den aktuellen Produktionen, die im Moment erfolgreich sind, zu Hause einfach im Check anhören. Klingt der genauso, bin ich von der Klangqualität schon so weit, dass ich das vorzeigen kann? Vielleicht auch darüber nachdenken, Klavierunterricht zu nehmen. Klar, bei Techno reicht es auch, wenn man eine Maus in der Hand halten kann, aber es ist doch gut, wenn man sich weiterentwickelt. Klavierspielen, ein wenig Harmonielehre und Musiktheorie haben noch keinem geschadet. Das haben bei uns, auf meinen Rat hin, viele gemacht. Niko Schwind zum Beispiel, der auch kein Klavier spielen konnte, hat Klavierunterricht genommen und dem man direkt angemerkt hat, dass es ihm gut getan hat. Da sind auf einmal ganz neue Lieder entstanden, die er vorher noch nicht in der Form produzieren konnte. Einfach an sich arbeiten, die Produktionen vergleichen und irgendwann, wenn man dann, nicht nur ein paar Tage, sondern ein paar Monate im Trainingslager gewesen ist, dann den Track einfach mal in seinem DJ-Set ausprobieren und sich selber trauen, die Nummer aufzulegen. Dann sieht man ja, was passiert. Wenn alle Leute auf einmal an die Bar stürmen, dann scheint man ja noch nicht so weit zu sein. Und wenn alle Arme oben sind, dann funktioniert es anscheinend. Wenn das dann der Fall ist, dann kann man sich damit auch mal bewerben.

Alex: Okay, also ein paar Checklisten abarbeiten.

Oliver: (lacht) Ja, genau.

Alex: Du hast ja eben deinen Live-Aspekt angesprochen. Neben deiner Tätigkeit als DJ bist du auch als Liveact unterwegs. Kann man denn zum aktuellen Album eine ähnlich maschinisierte Form von einem Liveact erwarten – ich bringe jetzt noch einmal Dapayk an dieser Stelle an, der einen analogen Fuhrpark auf die Bühne stellt...

Oliver: Das ist wirklich krass...!

Alex: ...aber kann man sich bei dir jetzt zum Beispiel auch eine Akai APC40 oder ein Launchpad plus MIDI-Keyboard auf der Bühne vorstellen?

Oliver: Das weiß ich noch nicht. Was der Niklas (Dapayk, Anm. d. Redaktion) da macht, ist einfach abgefahren. Der hats so drauf und macht das so gut – er hat jetzt den Laptop abgeschafft. Alles, was sich jeder Jugendliche als erster anschafft, um Musik zu machen, hat der Typ abgeschafft! Da bekommt der so viel Respekt von mir – und das geht auch live so ab, ich habe ihn schon mehrfach spielen gesehen, und das ist auch kein Liveact, wo man zwischendurch eine rauchen oder einen trinken gehen kann. Er ist die ganze Zeit in Action, drückt hier, drückt da, er macht das wirklich super! Mir wäre das ein wenig zu anstrengend, ehrlich gesagt (lacht). Weil ich auch immer ein Stück weit der gemütliche Typ bin. Die letzten Jahre bin ich ja gemeinsam mit meiner Band The Koletzkis aufgetreten. Das war dann für mich auch die ehrlichste Form des Livespielens. Denn bei diesem großen Wort „LIVE“ ist das heutzutage total schwammig geworden. Manche Leute legen mit Ableton auf und sagen, das wäre live, was natürlich totaler Schwachsinn ist. Heute ist nicht mehr viel live, was wirklich live ist. Außer, wenn eine Band da ist, die in dem Moment den Ton an einem echten Instrument erzeugt. Und deswegen habe ich angefangen, mit der Band zu spielen. Das war für mich das ehrlichste Modell und es hat auch total viel Spaß gemacht. Ob ich noch einmal so einen richtigen Liveact wie Dapayk mache... Da hätte ich schon Bock, vielleicht würde es zu dem Album auch passen, weil es dancig wird – weiß ich jetzt aber noch nicht.

Alex: Du hattest The Koletzkis erwähnt. Wie kam die Idee dazu? Wie kommt man darauf, typische Dance-Tracks oder speziell deine Nummern organisch nachzuspielen?

Oliver: Das war von Anfang an mein Grundgedanke. Von dem ganzen Auflegen war ich zu dem Zeitpunkt ein wenig müde. Als ich die Band gründete, hatte ich schon 5 Jahre lang jedes Wochenende gespielt. Und irgendwie war da ein Punkt erreicht, wo ich mir dachte, dass mir da was fehlt. Ich war auch immer alleine unterwegs und da habe ich mich daran erinnert, dass ich früher als Jugendlicher immer in Bands gespielt habe. In Rockbands. Ich habe jahrelang in einer The Doors Coverband gespielt und habe mich daran erinnert, dass mir das eigentlich total viel Spaß gemacht hat. Dann habe ich das Album Großstadtmärchen geschrieben, wo ich ohnehin bei der Produktion sehr viel organische Instrumente benutzt habe. Und da habe ich mir gedacht: "Ey, das passt jetzt eigentlich total gut. Du hast jetzt so viele Native Instruments E-Pianos benutzt, wieso gehst du nicht auf die Bühne mit einem echten E-Piano, das bietet sich ja total an!" The Koletzkis ist eigentlich eine Coverband, die Oliver Koletzki-Lieder covert. Die Band an sich komponiert ja gar nicht, sondern spielt die Lieder nach, die ich damals im Studio geschrieben habe. Ich habe dann in meinem Freundeskreis herumgefragt. Bjön Störig, der ja auch Produzent und DJ bei uns auf dem Label ist, von dem ich gewusst habe, dass er Schlagzeug spielt, habe ich gefragt und der war sofort dabei. Und dann noch Oded, Leo und ein, zwei andere und zack! Alle hatten Bock und auf einmal war die Band geboren. Dann waren wir bei mir im Studio, ich habe denen die Songs vorgespielt und... Ja, das war dann schon ein Stück Arbeit. Björn am Schlagzeug musste zum Beispiel die elektronischen Drums erst einmal auf ein echtes Schlagzeug umsetzen, was eine Menge Arbeit war. Auch bei der Gitarre habe ich hier und da einen gesampelten Gitarrenloop von einer Sample-CD genommen - das musste jetzt ein echter Gitarrist spielen! Der hat dann gesagt: "Alter, kein Mensch spielt so Gitarre! Wie hast du denn den Beat gemacht?" "Ja, das war eine Sample-CD..." Das hat sogar die Lieder weitergebracht, weil es mit einer echten Gitarre viel besser klang als vorher. So fing das mit der Band an. Wir haben im ganz kleinen Rahmen angefangen. Letztes Jahr waren wir bei Rock am Ring und haben so krasse, große Gigs gespielt, wovon jede Band träumt. Das war schon eine kleine Erfolgsgeschichte. Mir hats sehr viel Spaß gemacht und es war eine gute Abwechslung zu diesem DJ-Dingen. Und jetzt mache ich beides. Mal spiele ich in einer Band und mal lege ich als DJ auf. Das ist genau die Abwechslung, die mir Spaß macht.

Alex: Können wir 2014 wieder mehr von den Koletzkis erwarten?

Oliver: Bis letztes Jahr habe ich total viel mit den Koletzkis gemacht, dieses Jahr war es wieder ein bisschen weniger, dafür habe ich mich mehr auf das DJing konzentriert. Und nächstes Jahr wissen wir es noch nicht, wie es weitergeht. Du merkst schon, ich halte mir das nächste Jahr noch total offen, weil das Album noch nicht ganz fertig ist. Das muss erst einmal abgeschlosen werden, dann mache ich mir Gedanken um die Umsetzung. Deswegen steht das alles noch so ein bisschen in den Sternen.

Alex: Wir können gespannt sein!

Oliver: Total!

[Oliver Koletzki: Dies & Das]

Alex: Oliver, unsere nächste Kategorie lautet in bester Jeopardy-Manie „Dies und Das“ - alles aus der Hüfte geschossen. Du hattest gerade hervorgehoben, dass Klavierunterricht für dich besonders wichtig gewesen sei. Also etwas, wo man sich bewusst für eine Sache weiter einsetzt. Oder Musikstudium, das hattest du ja auch angefangen...?

Oliver: Angefangen, ja...

Alex: ...also bewusst sich für die Weiterentwicklung seiner Fähigkeiten entscheidet. Was hättest du denn für einen Weg eingeschlagen, wenn das mit der Musik nicht geklappt hätte? Hätte ich dich als Ansprechpartner in der Sparkasse vielleicht vor mir gehabt? Da hast du doch auch eine Ausbildung abgeschlossen, oder?

Oliver: Genau, ich hatte eine Bankkaufmann-Ausbildung, aber das mache ich nie wieder! Das ist absolut unwahrscheinlich. Also, wer weiß, wenn es mir mal total dreckig gehen würde, dann... (überlegt kurz) Ne, das würde ich niemals wieder tun. Danach habe ich ja viele Jahre im Bekleidungsgeschäft gearbeitet. Erst als Lagerarbeiter, dann als Verkäufer und dann 5 Jahre als Filialleiter von einem Hip Hop/Skaterwear-Geschäft. Baggy-Hosen und so. Das hat mir super viel Spaß gemacht und ich habe entdeckt, dass ich gerne mit Menschen zusammenarbeite und auch ein paar Führungsqualitäten habe. Ich hatte auch 15 Angestellte, das war ein 2-Etagen-Klamottenladen. Das könnte ich wieder machen, ich könnte mich jederzeit in so einen Klamottenladen stellen und den Filialleiter geben. Ansonsten glaube ich, wäre ich immer der Musik eigentlich treu geblieben. Auch, wenn ich jetzt nicht so viel Geld verdient hätte, wäre ich vielleicht Musiklehrer an einer Grundschule geworden. Das könnte ich mir vorstellen. Hauptsache, ich kann anderen etwas beibringen, das ist mir immer total wichtig (lacht). Genau, Grundschullehrer für Musik, das wäre ich wahrscheinlich geworden, wenn ich das Studium geschafft hätte, das hätte ich mir vorstellen können.

Alex: Aktuell stehen die Wahlen ja vor der Tür. Gehst du wählen?

Oliver: Ja, ich wähle per Briefwahl, also nicht wählen „gehen“, sondern per Briefwahl.

Alex: Ein Thema im Wahlkampf ist ja sicherlich auch der Datenschutz. Aktuell macht der gläserne Mensch im Zusammenhang mit der NSA die Runde. Hast du Angst vor einer Zukunft, in der deine Daten derart offen sind, dass deine Cubase-Dateien von deinem auf einen anderen Rechner rübergeschaufelt werden?

Oliver: Wow, da habe ich ja noch gar nicht darüber nachgedacht. Meine Cubase-Dateien... Nein, das weiß ich nicht. So besonders sind meine Cubase-Dateien auch nicht. Ich glaube auch ehrlich gesagt bei dieser ganzen NSA-Affäre, dass sich für meine Daten gar kein Schwein interessiert. Ich habe irgendwie einmal darüber nachgedacht, mich mit Leuten unterhalten und da habe ich gesagt: „Ey Jungs, von mir aus können mich die Arschlöcher ausspionieren, ich habe doch nichts zu verbergen. Was wollen die jetzt von mir wissen?“ Okay, was jetzt echt scheiße wäre, das wären Geheimnummern für Banken, Konten oder ähnliches, das wäre wirklich schlimm. Aber mein Facebookverlauf... so interessant ist der auch nicht. Bei meinen Cubase-Dateien wäre es schade drum, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass der amerikanische Geheimdienst Interesse an meinen verdammten Cubase-Dateien hat (lacht). Von daher mache ich mir da jetzt auch nicht die Sorgen.

Alex: Befürchtest du denn, dass in der Zukunft eine Art Informationsblase oder Filterblase greifen wird? Das ist ja auch ein hypothetisches Szenario, in der uns Suchmaschinen, wie zum Beispiel Google, nur die Informationen anzeigen, die für uns interessant sein könnten, also dass jeder in seiner eigenen Blase agiert?

Oliver: Ja, das ist schon ein ernsteres Thema, das glaube ich auch. Google hat da unglaublich viel Macht, genau das was du sagst. Man sucht etwas, bekommt was angezeigt und man glaubt, dass das alles ist, was es gibt. Oder ist es nur das, was Google mir zeigen will? Ja schwierig, ich könnte natürlich jetzt sagen, dass das jetzt staatlich reguliert werden sollte, aber dann ist natürlich auch wieder der Aufschrei groß von wegen „Der Staat darf nicht eingreifen! Das ist Überwachung!“ Ich glaube aber, dass auch das sich auf natürlichem Wege regulieren wird. Dieses Internet ist so eine großartige Erfindung, das weiß jeder, jeder braucht es und es ist auch nicht mehr wegzudenken. Ich denke, dass es genug Menschen gibt, denen das so wichtig ist, dass es auf vernünftige Wegen weiterläuft und somit ein gutes Ende hat. Das ist schon alles ein sehr wichtiges und interessantes Thema, das ich auch mitverfolge. Es gibt ja auch nicht nur Google. Man muss Google nicht benutzen, man kann ja selber entscheiden. Wenn irgendwie rauskommen sollte, dass Google da richtig Scheiße baut, ist jeder frei, eine andere Suchmaschine zu benutzen. Es gibt immer noch Alternativen.

Alex: Weitere Themen im Wahlkampf sind auch die politischen Unruhen in anderen Ländern. Hast du schon einmal einen Gig im Ausland wegen politischen Unruhen absagen müssen?

Oliver: Ja, vorgestern! Ich hätte am Samstag in Beirut spielen sollen, was ja tatsächlich nur 100 km von Damaskus entfernt ist. Das Creamfiels-Festival war am Sonntag, und ich sollte am Samstag auf einer Vorparty spielen. Da habe ich mir schon die ganze Zeit Sorgen gemacht. Damaskus ist nur 100 km entfernt, der Giftgas-Anschlag war noch näher dran und vor allen Dingen liegen die amerikanischen Zerstörer direkt vor Beirut. Das bedeutet, dass sie über Beirut fliegen müssten, um Damaskus anzugreifen, was ja total aktuell gewesen ist. Die deutsche Botschaft hatte für den ganzen Libanon bereits eine Reisewarnung herausgegeben. „Sag mal, willst du mich da echt hinschicken!?“, hatte ich meinen Booker schon eine Woche vorher gefragt. „Das ist ja echt gerade ganz schön gefährlich!“ Und er meinte: „Ja, ich habe gerade mit unserem Mann telefoniert und da war alles safe.“ Ich war schon sehr skeptisch. Als dann aber auch die USA eine Reisewarnung für den gesamten Libanon herausgegeben haben, hatte das zur Folge, dass diese Party am Sonntag gecancelt wurde. Dort sollten nur amerikanische Künstler auftreten. Und da ich auf der Vorparty zu dem Festival spielen sollte, hätte das alles keinen Sinn gemacht. Die Veranstalter haben dann auch abgesagt, leider. Ich war noch nie in Beirut, habe auch nur gutes gehört und würde da gerne auftreten. Aber ganz ehrlich, ich trete so oft auf und ich muss jetzt nicht irgendwo hinfliegen, um mein Leben zu riskieren. Das ist es dann doch nicht wert. Ich würde dann doch gerne noch ein paar Alben rausbringen. (lacht)

Alex: So, dann kommen wir jetzt einmal von der Politik zum Essen. Du scheinst ja gutes Essen auch definitiv zu genießen...

Oliver: Super ist das hier!

Alex: Kochst du denn auch selber mal ab und an gerne?

Oliver: Also, bei uns kocht eher die Fran. Wir haben hier in Berlin einen ganz guten Service, der heißt "Hello Fresh", das ist perfekt für Leute, die so wenig Zeit haben, wie wir. Wir bekommen einmal in der Woche eine Box mit Rezepten und Zutaten für 5 Gerichte zugeschickt. Das wird hier in Berlin angeboten – wirklich super! Anfang der Woche bekommen wir immer so eine Kiste, dann haben wir Gerichte mit Rezepten und Zutaten und dann kochen wir abends gemeinsam. Das macht total Spaß und man muss nicht einkaufen gehen. Zusammen kochen macht ja auch Spaß – und so läuft das ab mit dem Essen bei uns.

Alex: Es ist ja richtig "hip" geworden, kein Fleisch zu essen- wie stehst du dem Thema gegenüber?

Oliver: Oha, also diese "Dies und Das"-Kategorie hat es echt in sich! Also, ich kann es mir Gott sei Dank leisten, viel Bio zu kaufen, was wir, wenn wir einkaufen, auch strikt machen. Ich bin total gegen Massentierhaltung. Diese ganzen Youtube-Videos kann ich mir auch gar nicht mehr angucken, dann dürfte ich überhaupt kein Fleisch essen. Ich finde das alles ganz schlimm. Ich bin halt genauso ein Mensch, der total im Zwiespalt ist – ich esse supergerne Fleisch, bin aber so reflektiert, dass ich weiß, dass es eigentlich nicht gut ist – und ich bräuchte es eigentlich auch nicht. Ich müsste jetzt kein Fleisch essen und ich würde trotzdem weiterleben. Das tut mir auch echt leid um die Tiere. Wir versuchen, weniger Fleisch zu essen. Wenn, dann nur Biofleisch oder aus Freihaltung. Aber ich esse auch gerne Fisch! Und auf Fisch kann ich, ehrlich gesagt, nicht so gut verzichten. Das lustige ist, gerade jetzt am Freitag habe ich für ein veganes Pärchen in München gespielt. Die haben eine Autofahrt lang sehr auf mich eingeredet, dass ich mich wirklich damit befassen musste und deswegen auch voll im Thema bin (lacht). Wenn ich nach meinen persönlichen Werten gehen würde, würde ich am liebsten sofort damit aufhören. Aber es schmeckt verdammt gut – leider. So ist das, tut mir total leid, aber das ist ein echt schwieriges Thema.

Alex: Abschließend möchte ich noch was ganz harmloses von dir wissen...

Oliver: Sehr schön!

Alex: 2014! Worauf freust du dich am meisten?

Oliver: Auf mein Album, auf meinen Jahresurlaub mit Fran... Anfang des Jahres geht es zum ersten Mal in die Karibik. Da waren wir auch noch nicht und ich freue mich total darauf. Dann trete ich Ende Januar mit dem Symphonie-Orchester des hessischen Rundfunks in Frankfurt auf. Die spielen meine Lieder nach, ich spiele dazu und Fran singt. Das ist in der Jahrhunderthalle, eine ganz große Location. Ansonsten freue ich mich auf die kommende Arbeit beim Label. Wir sind alle hochmotiviert, es läuft jetzt gut und wir wollen, dass es auch weiter gut läuft. Ich habe ein gutes Team im Büro, da kann man sich einfach auf ganz tolle Musik für 2014 freuen.

Alex: Wir uns auch auf jeden Fall! Und danken dir für das Gespräch!

Oliver: Ich bedanke mich!

Alex: …und jetzt lassen wir dich mal in Ruhe essen.

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